DOGENPALAST

Beschreibung

Das Wichtigste zum Dogenpalast in Kürze

Ein Besuch des Dogenpalastes (it. „Palazzo Ducale“) gehört definitiv zu den Pflichtprogammpunkten einer Reise nach Venedig. Gemeinsam mit dem neben ihm befindlichen Markusdom ist der Dogenpalast zweifellos das wichtigste und berühmteste Gebäude Venedigs. Der Palast war seit dem 9. Jahrhundert Sitz des Dogen sowie der Regierungs- und Justizorgane der Republik Venedig. In seiner Funktion als Regierungs- und Verwaltungszentrum ist der Dogenpalast bis heute ein eindrucksvolles Symbol der einstigen Größe und Macht der Seerepublik Venedig. Zudem ist der Palast einer der bedeutendsten Profanbauten der Gotik und ein Glanzwerk venezianischer Baukunst. Die glamouröse Selbstdarstellung der venezianischen Republik zeigt sich in der prunkvollen Ausstattung der Innenräume mit Stuck, vergoldeten Schnitzereien, Historiengemälden und Allegorien, die von den bedeutendsten Künstlern Venedigs geschaffen wurden.

Die Geschichte des Dogenpalastes

Das Dogenkastell

Es ist überliefert, dass der Doge Agnello Particiaco im Jahre 811 seinen Sitz von Malamocco nach Civitas Rivo Alto verlegte. Wie diese erste venezianische Dogenresidenz aussah und wo sie genau lag, ist nicht gesichert. Sicher lokalisieren lässt sich die Dogenresidenz erst etwas später. Im 9. Jahrhundert legte der Doge Giustiniano Particiaco testamentarisch fest, dass seine Frau Felizitas eine Kirche für die Gebeine des heiligen Markus neben dem Dogenhaus errichten lassen soll. Unter seinem Bruder und Nachfolger Giustiniano Particiaco, dem Dogen Giovanni I. Particiaco, wurden die Arbeiten begonnen und um das Jahr 836 abgeschlossen. Seither gilt der Platz mit der Markuskirche und der Dogenresidenz als politisch-religiöses Zentrum der Lagune.

Es gibt keine historischen Dokumente oder Abbildungen davon, wie diese ersten Bauten aussahen. In alten Schriften wird die Dogenresidenz meist nur beiläufig im Sinne einer Ortsangabe erwähnt. Bei dem Aufstand von 976 gegen den Dogen Pietro IV. Candiano fielen die Residenz und der Vorgängerbau der Markuskirche einem Brand zum Opfer.

Der Palast Sebastiano Zianos

Ein erster Dogenpalast, der diesen Namen auch wirklich verdient, wurde unter der Regierung des Dogen Sebastiano Ziani Ende des 12. Jahrhunderts errichtet. Der Bau hatte drei Flügel, die einen Innenhof umfassten. Der Ostflügel mit direktem Anschluss an die damalige Palastkapelle, beherbergte die Räume des Dogen, der Justizpalast grenzte an die heutige Piazzetta, der Südflügel zum Bacino San Marco enthielt unter anderem den Versammlungssaal, in dem der Große Rat tagte.

Aufgrund des eines Zuwachses der Mitgliederzahl des Großen Rates von 400 auf 1.200 innerhalb weniger Jahrzehnte, musste eine Erweiterung des Sitzungssaales erwogen werden. Die Sitzungen des Rates fanden aus Platzgründen mittlerweile im Arsenal statt. Die Quarantia, der Gerichtshof, der in dieser Zeit die Zugangsberechtigung zum Großen Rat überwachte, schlug 1296 vor, den Saal für die Versammlung des Großen Rates zu erweitern. 1340 wurde schließlich beschlossen, einen neuen Sitzungssaal zu bauen.

Der Gotische Palast

Ab 1340 begann unter der Regierung der Dogen Bartolomeo Gradenigo die vollständige Umgestaltung des Palastes, um schließlich die heutige Gestalt anzunehmen. Begonnen wurde mit dem Südflügel am Bacino. Der Entwurf für den Neubau, dessen Architekt nicht sicher belegt ist, war gegen 1343 fertiggestellt, als Andrea Dandolo den Dogenthron bestieg. Nach einem Beschluss von 1344 sollte der Saal in den ersten Stock des Südflügels verlegt werden. Wegen Ausbruchs der Pest zog sich der Umbau bis 1365 hin, als er schließlich mit Guariento di Arpos Marienkrönung an der Stirnseite der Saal vollendet war. Ab diesem Zeitpunkt konnte der Große Rat wieder im Dogenpalast tagen.

1404 war die Palastfront zum Bacino vollendet. Weitere An- und Umbauten erfolgten unter der langen Regierungszeit Francesco Foscaris. Der Doge ließ den an der Piazzetta gelegenen Marstall abreißen und ab 1424 die Fassade zur Piazzetta nach dem Muster des Südflügels neu errichten. Der Anbau wurde genau nach dem vollendeten Teil fortgeführt, so dass er heute wie aus einer einzigen Bauphase entstanden aussieht. Mit dem 1438 begonnenen Bau der Porta della Carta wurde ein repräsentativer Zugang zum Palasthof geschaffen und gleichzeitig durch die architektonische Anbindung an den Markusdom die enge ideelle und funktionelle Bindung zwischen Palast und Kirche als Palastkapelle des Dogen visualisiert.

Bei einem dritten Bauabschnitt kam der neue Ostflügel mit der Fassade zum Rio di Palazzo hinzu, der 1483 einem Brand zum Opfer gefallen war.

Brände und Wiederaufbau des Dogenpalastes

Im 15. und 16. Jahrhundert wurde der Dogenpalast dreimal von verheerenden Bränden heimgesucht (1483, 1547 und 1577). Der konservative Grundzug der venezianischen Republik zeigt sich darin, dass der Palast nach den alten Plänen wiederaufgebaut und „moderne“ Baupläne von Architekten wie Palladio oder Giovan Antonio Rusconi verworfen wurde. Die Fassade blieb erhalten oder wurde restauriert. Das Innere wurde hingegen gemäß des veränderten Zeitgeschmacks neu gestaltet.

Der Dogenpalast nach dem Ende der Republik

Nach dem Ende der venezianischen Republik, der französischen und der österreichischen Herrschaft und schließlich der Übernahme durch den neu gegründeten italienischen Staat war der Dogenpalast Sitz verschiedener Institutionen und Ämter. Von 1811 bis 1904 wurde die Biblioteca Marciana dort untergebracht. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts drohte der Palast baufällig zu werden. Daraufhin veranlasste der italienische Staat eine vollständige Restaurierung. Bei dieser Gelegenheit wurden 13 originale Säulen mit ihren Kapitellen vom Portikus des 13. Jahrhunderts durch Kopien ersetzt und innerhalb des Palastes aufbewahrt. Sie bildeten den Grundstock für das Museo dell’ Opera di Palazzo, das heute ebenfalls im Dogenpalast untergebracht ist.

Die im Palast befindlichen Ämter wurden, mit Ausnahme der Soprarintendenza per i Beni Ambientali e Architettonici di Venezia e Laguna, die dort noch heute ansässig ist, ausquartiert und an anderen Orten untergebracht. 1923 übergab der italienische Staat der Stadt Venedig die Verwaltung des Komplexes. Der Palast wurde in der Folge der Öffentlichkeit als Museum zugänglich gemacht.

Die Architektur des Dogenpalastes

Der Gebäudekomplex

Der Dogenpalast zeigt sich heute von außen als ein Konglomerat von Bauteilen, die ab Mitte des 14. Jahrhunderts bis Mitte des 15. Jahrhunderts realisiert wurden. Zwischen 1340 und 1400 entstand der Südflügel zum Molo, 1404 war das aufwendige Steno-Fenster vollendet. Zwischen 1424 und 1457 wurde der Flügel zu Piazzetta errichtet und zwischen 1438 und 1442 die Porta della Carta.

Der Ostflügel zum Rio del Palazzo musste nach dem Brand von 1483 wieder neu aufgebaut werden, war aber erst im frühen 17. Jahrhundert endgültig fertiggestellt. Zwischen 1563 und 1614 erfolgte jenseits des Rio del Palazzo der Bau der neuen Gefängnisse, die ab 1603 durch die Seufzerbrücke mit dem Nordflügel und den dort ansässigen Gerichten verbunden waren.

Alle Bauteile ruhen auf Fundamenten von Baumstämmen und istrischem Stein, sind aus Ziegeln gebaut und mit Ausnahme eines kleinen Teils am Rio del Palazzo vollständig mit Marmor und farbigen Marmorinkrustationen verkleidet oder aus behauenem istrischen Stein und Marmor gebildet. Süd- und Westfront erscheinen als dreigeschossige Bauten, während der Ostflügel sich in vier Geschossen zeigt.

Im Norden grenzt der Komplex mit einer Ausdehnung von 71 Metern bzw. 75,5 mal 100 Metern unmittelbar an den Markusdom. Im Osten verbindet die Seufzerbrücke den Palast mit dem Gefängnis, im Westen verbindet die Porta della Carta, die zum Innenhof führt, den Palast mit dem Markusdom. Die auch heute noch beeindruckende großzügige städtebauliche Ordnung von Markusdom, Dogenpalast, Piazza San Marco, Piazzetta, Logetta und Bibliothek ist das Ergebnis zielstrebiger und weitsichtiger Stadtplanung der venezianischen Behörden, die ihrer Republik funktionierende und für alle Sparten des öffentlichen Lebens passende Räume zu schaffen wussten.

Stile

Die Architektur des Dogenpalastes ist einmalig in der abendländischen Architekturgeschichte und auch bei jenen Nachfolgebauten sofort zu erkennen, die ihn kopieren. Die Bauweise der venezianischen Gotik unterscheidet sich wesentlich von der des nördlichen Europas. Dem Höhenstreben der nordeuropäischen Gotik setzte in Venedig allein schon der labile Baugrund Grenzen. Zudem fehlt grundsätzlich fast allen gotischen Kirchen und Profanbauten Italiens der Höhenzug einer französischen Gotik.

In die dominierenden Formen der Gotik mischen sich viele orientalisierende Elemente, wie die Zinnenkrone, die von den Zinnen nordafrikanischer Mamluken-Moscheen inspiriert ist. Der ungewöhnliche rosa-weiße Rautendekor des Obergeschosses ist ein aus der Osttürkei oder dem Iran entlehntes Seldschuken-Motiv. Ebenso dürften die Kielbögen der Loggien ihre Vorbilder in der islamischen Kunst haben.

Die Vorliebe für farbigen Bauschmuck und vielfarbiges Baumaterial hat ihre Wurzeln in den alten Bindungen der Lagunenstadt an die byzantinische Kunst. Sie ist ein grundsätzliches Kennzeichen venezianischer Architektur und prägend für den „märchenhaften“ Zauber des Dogenpalastes, dem Generationen von Venedig-Reisenden erlegen sind.

Die Kapitelle des Filippo Calendario

Besondere Beachtung an der Fassade des Dogenpalastes verdienen die Kapitelle von Filippo Calendario, dem führenden Baumeister und Bildhauer Venedigs im 14. Jahrhundert. Die künstlerisch herausragende Persönlichkeit wurde erst in der neueren Forschung gewürdigt.

Das vielleicht bedeutendste Kapitell von Calendario befindet sich an der Ecke des oberen Geschosses und stellt den Sündenfall von Adam und Eva und den Baum der Erkenntnis mit der Schlange dar. Die feingeschnittenen Gesichtszüge dieser Figuren tauchen in zahlreicher Wiederholung an den kleineren Kapitellen immer wieder auf.

Ein weiteres bedeutendes Kapitell an der Ecke des Dogenpalastes (zur Ponte della Paglia hin) zeigt Die Trunkenheit des Noah. Noah, dargestellt als alter Mann, scheint zu torkeln, aus einer Schale verschüttet er Wein. Sein Sohn Sem bedeckt mit einem Tuch seine Blöße und hebt schützend eine Hand. Noahs anderer Sohn Ham scheint mitleidlos und macht auf die peinliche Situation noch aufmerksam.

Auf den Kapitellen der unteren Säulenreihe sind Darstellungen zu sehen, wie sie an den Fassaden von Kathedralen und Herrschaftsgebäuden damals üblich waren, wie beispielsweise die Monate des Jahres mit den entsprechenden Arbeiten, Sternkreiszeichen, die sieben freien Künste, Szenen aus dem Alten und Neuen Testament und aus der Stadtgeschichte.

Die roten Säulen

Aufmerksamen Beobachtern des Dogenpalastes wird nicht entgehen, dass an der Platzseite des Palastes im ersten Geschoss zwei benachbarte Säulen deutlich rötlicher gefärbt sind als die anderen. Zwischen ihnen wurden die Todesurteile verkündet. Dementsprechend befindet sich nicht weit davon entfernt als Kreisform über einer Säule eine symbolische Darstellung der Rechtsprechung: Justitia mit dem Schwert und der Schriftrolle zwischen zwei Löwen, ebenfalls ein Werk Filippo Calendarios.

Die Porta della Carta

Die Porta della Carta (dt. „Tor des Papiers“) ist der Durchgang zum Cortile, dem Innenhof des Dogenpalastes. Mit dem Portal wurde die Baulücke zwischen Markusdom und Palast geschlossen. Für die Herkunft des Namens gibt es keine gesicherte Quelle, aber verschiedene Erklärungsversuche. So sollen Verlautbarungen der Regierung auf offiziellen carte an dieser Stelle angeschlagen worden sein. Nach einer anderen These konnten die Bürger Venedigs hier ihre Bittschriften an die Stadtregierung einreichen.

Die Porta della Carta wurde in den Jahren 1438 bis 1442 von den venezianischen Baumeistern Giovanni und Bartolomeo Bon erbaut und verziert. Es ist typisch für den konservativen Zug Venedigs, dass das Portal fast vollständig in den Formen der späten Gotik ausgeführt wurde, wenn es auch in einzelnen Bereichen schon Züge der Kunst der Renaissance aufnimmt. Das große kassettierte Eingangstor selbst mit seiner antikisierenden Rahmung orientiert sich an der modernen Florentiner Baukunst. In den Formen der Spätgotik gestaltet sind dagegen die Gesamtanlage des Tors mit den beiden von Fialen gekrönten Strebepfeilern, die das Portal, das breite mit Maßwerk geschmückte Spitzbogenfenster und den geschwungenen, spitz auslaufenden Tympanon flankieren.

Mit dem reichen Skulpturenschmuck des Portals werden Selbstverständnis und politischer Anspruch der Republik bildlich dargestellt. In den vier Nischen der Strebepfeiler stehen unter zierlichen, mit Flachreliefs und floralen Ornamenten geschmückten Baldachinen die Kardinaltugenden Tapferkeit, Mäßigkeit, Klugheit und Liebe; Herrschertugenden, welche die Republik Venedig für sich in Anspruch nahm. Die Skulpturen stammen von Antonio Bregno, einem Bildhauer, der an vielen bedeutenden Bauten Venedigs tätig war.

Der breite Sockel des folgenden dreiteiligen Maßwerkfensters bildet die Bühne für das Bild des Dogen Francesco Foscari, der in vollem Ornat vor dem geflügelten Markuslöwen kniet. Bildlich wird hier jedem Besucher des Palastes und dem Dogen selbst, der die Porta della Carta bei den vielen feierlichen Dogenprozessionen jeweils zweimal durchschreiten musste, vor Augen geführt, dass der Doge nur der Diener der Republik (verkörpert durch den Markuslöwen) und nicht ihr Herrscher ist. Antikisierende Putten zu beiden Seiten des Maßwerkfensters präsentieren das Wappen Foscaris. Der Heilige Markus erscheint in Person als Büste in dem Tondo über der Spitze des Maßwerkfensters, um an dieser exponierten Stelle zu demonstrieren, unter wessen Schutz die Republik steht. Bekrönt wird das Tor von Justitia mit Schwert und Waage, deren Thron dem Löwenthron Salomons, der Verkörperung des weisen und gerechten Richters, nachempfunden ist. Mit der Personifikation der Gerechtigkeit an dieser Stelle wird auf die gerechte und weise Regierung der Serenissima hingewiesen.

Die repräsentative Wirkung der Toranlage wurde einst durch eine farbige Fassung und reiche Vergoldung unterstrichen, von der heute nur noch schwache Spuren erhalten sind.

Der Arco Foscari

Zum Innenhof hin schließt an die Porta della Carta der Arco Foscari an. Architekturgeschichtlich zeigt sich an der Anlage der Wandel von der Gotik zur Renaissance. Als Architekten werden in der Forschung Buon, Antonio Bregno und Antonio Rizzo angenommen. Der korridorartige mit Kreuzgratgewölbe überdeckte sechsjochige Gang führt direkt auf die repräsentative Scala dei Giganti, politisch bedeutender Ort für den Staatsakt der Inthronisation eines neu gewählten Dogen.

Die der Scala gegenüberliegende Fassade zeigt in der Formensprache der Renaissance eine Triumphbogenarchitektur. Die dreiteilige Fassade ist gegliedert in zwei Geschosse und mit einem oktogonalen Steindach abgeschlossen. Auf der Dachspitze steht die Figur des Apostels Markus, der mit einer Segensgeste auf die gegenüberliegende Treppe deutet, wo der Doge gekrönt wird. Bis zu ihrer Zerstörung durch französische Soldaten stand über dem Portal im zweiten Geschoss eine Skulptur des Dogen Cristoforo Moro auf den Knien vor dem Markuslöwen. Unter seiner Regierung war der Arco vollendet worden. Der Bogen des Untergeschosses wird flankiert von zwei Skulpturen Rizzos, Adam und Eva, deren Originale sich heute im Dogenpalast befinden. Die Seite zum Hof ist im 17. Jahrhundert mit Marmor verkleidet und mit einer Uhr ausgestattet worden.

Die Scala dei Giganti

Die Scala dei Giganti (dt. „Treppe der Giganten“) ist die letzte von ehemals vier Treppen, die aus dem Innenhof in das Obergeschoss führten. Über sie gelangt man in die ehemaligen Räume des Dogen. Über dem Eingangsbogen steht der Markuslöwe auf zwei vorkragenden Konsolen. Er wird flankiert von den Wappen Agostino Barbarigos. Unter dessen Regierung wurde die Treppe ab 1484 von dem Baumeister Antonio Rizzo erbaut.

Die Treppe der Giganten hat ihren Namen von zwei kolossalen Skulpturen, die die römischen Götter Mars und Neptun darstellen. Mars, der Gott des Krieges, und Neptun, der Gott des Meeres, weisen unmissverständlich auf die militärische Stärke Venedigs hin. Der Bildhauer Jacopo Sansovino schuf die Skulpturen im Jahr 1567.

Der Innenhof

Der Innenhof des Dogenpalastes war der Bevölkerung Venedigs frei zugänglich. Er wurde für Amtshandlungen, Versammlungen, Feste und Turniere genutzt, einmal im Jahr gab es eine Stierhatz. Seit 1485 fand hier das Zeremoniell der Dogenkrönung statt.

Der Hof ist seit 1773 mit Platten aus Trachyt und aus istrischem Stein gepflastert, mit denen der ursprüngliche Ziegelboden ersetzt wurde. Unterhalb des Pflasters liegen die beiden großen Zisternen, die der Wasserversorgung von Palast und Bevölkerung dienten. Die beiden Brunnenbecken wurden 1554 und 1559 von den Bronzegießern Alfonso Albergheti und Niccolò dei Conti geschaffen und tragen die Wappen der Auftraggeber Francesco Venier und Lorenzo Priuli. Mehrere Treppenanlagen führen zu den verschiedenen Flügeln mit den Räumen des Dogen und der Ämter und Gerichte, die dort ihren Sitz haben.

Platz der Senatoren

Links des Haupthofs neben der Scala dei Giganti liegt der kleine Platz der Senatoren (it. „cortile“ oder „cortiletto dei Senatori“), auf dem diese sich vor den Sitzungen trafen. Von hier aus führten bequeme Treppen direkt zu den Amtsräumen der Senatoren.

Cappella San Nicolò

1505 erhielt der Architekt Spavento den Auftrag zum Bau einer Kapelle für den Dogen. Die kleine Kirche San Nicolò erhebt sich in der Ecke des Hofs. Spavento passte die Fassade der Kirche der bereits fertiggestellten Palastfassade an. Der mit Girlanden und Tondi geschmückte Fries wird nahtlos im Fries des Palastes fortgesetzt. Eine feingliedrige Balustrade schließt die Fassade ab und ist gleichzeitig Geländer eines kleinen Dachgartens, der von der Dogenwohnung aus zugänglich war.

Die Innenräume des Dogenpalastes

Allgemeines zur Ausgestaltung der Innenräume

Allen Innenräumen im Dogenpalast sind ihre ähnliche Form und vor allem ihre vielen Bilder gemein. Von Beginn an wurde beim Bau des Dogenpalast sehr viel Wert auf dessen künstlerische Ausgestaltung gelegt. Der obere Teil der Wände und die Decken sind mit ungeheurem Prunk versehen. Besonders sehenswert ist die ornamentale Gestaltung der Rahmen unter der Decke, in die man häufig Bilder der führenden Künstler Venedigs hineinsetzte, die sich in erster Linie thematisch mit der Glorifizierung der Stadt beschäftigten.

Der Saal des Großen Rates

Das Highlight unter den Räumen ist zweifellos Der Saal des Großen Rates (it. „Sala del Maggior Consiglio“). Mit 54 Metern Länge ist er der größte Saal des Dogenpalastes, dessen Fenster sowohl zum Innenhof als auch auf die Lagune hinausgehen. Mit einer Fläche von 1.300 Quadratmetern war der Saal des Großen Rates vermutlich über lange Zeit der größte Saal der Welt, der ohne Stützpfeiler auskam. Hier versammelten sich die etwa 1.000 Adligen, die berechtigt waren, den Dogen zu wählen.

Die hintere Wand wird in voller Breite von Jacopo Tintorettos Meisterwerk Das Paradies eingenommen, das in den Jahren 1588 bis 1594 entstand. Es wurde in Auftrag gegeben, nachdem 1577 ein Brand die vorherigen Bilder von Bellini, Carpaccio und Tizian zerstört hatte. Begonnen wurde es von Paolo Veronese und nach dessen Tod in vier Jahren Arbeit von Tintoretto fertiggestellt. Bei seiner Präsentation war es das größte Gemälde der Welt und gilt heute noch mit einer Fläche von unglaublichen 205 Quadratmetern als zweitgrößtes Ölgemälde der Welt. Die 76 Dogengemälde malte Jacobo Tintorettos Sohn Domenico. Das mit einem schwarzen Tuch verhüllte Porträt erinnert an den wegen Hochverrats geköpften Dogen Marino Falier.

Der Große Rat stellte übrigens nicht die ursprüngliche Gewalt Venedigs dar. Dies war anfangs die Generalversammlung aller freien Männer. Nachdem der venezianische Adel jedoch immer mehr an Macht gewann, sorgte er dafür, dass seit dem 13. Jahrhundert die Generalversammlung nicht mehr einberufen wurde und setzte an dessen Stelle den Großen Rat als zentrales Machtorgan ein. Der Rat verabschiedete alle Gesetze und wählte aus seiner Mitte andere Verfassungsorgane. Er bestimmte unter anderem die Zusammensetzung des Rates der 40 und des Senates, der die Gesetze vorschlug, die Gerichtsbarkeit innehatte und Handel und Finanzen kontrollierte. Der Große Rat bildete außerdem den Rat des Dogen, in dem jeweils ein Adeliger aus den sechs Stadtbezirken Venedigs saß, der zusammen mit den drei Vorsitzenden des Rates der 40 und dem Dogen die eigentliche Regierung der Republik Venedig bildete. Diese Gremien hatten im Dogenpalast ihre speziellen Versammlungssäle, die heute von Besuchern besichtigt werden können.

Die Gefängnisse des Dogenpalastes

Ein prominenter Bauteil des Dogenpalastes, der auch von literarischer Bedeutung ist, ist das Gefängnis. Es ist auf zwei Gebäude verteilt, die durch die berühmte Seufzerbrücke miteinander verbunden sind. Im Dogenpalast selbst befanden sich einige ausgesprochen feuchte Gefängniszellen im Erdgeschoss, die berüchtigten 19 Pozzi (dt. „Brunnen“), und weiter oben die sechs oder sieben Piombi (dt. „Bleikammern“), die sich direkt unter dem bleigedeckten Dach befanden. Die im Dogenpalast befindlichen Zellen waren ausschließlich für Staatsgefangene und Hochverräter bestimmt. Für den üblichen Justizvollzug gab es eigene Gefängnisse im Stadtgebiet.